Hike and Bike in Südtirol
Wie jetzt, kein „MTB in Südtirol“ oder zumindest „Biken in Südtirol“? Ja, is so. Bringen wir das am besten gleich im ersten Kapitel hinter uns.
Das Jammerkapitel
Mussten wir im letzten Jahr unsere Südtirol-Tour aufgrund Corona noch absagen und alternativ nach Winterberg fahren, so sollte es in diesem Jahr endlich klappen. Tja, und dann meinte mein Rücken kurz vor der Reise einfach mal, Radfahren wäre jetzt keine so gute Idee. Alle Maßnahmen bis zur Abfahrt blieben leider erfolglos; Radfahren war nur unter Schmerzen möglich. Da allerdings Wandern im akzeptablen Zustand funktionierte und ich noch nie in Südtirol war, wurden die Wanderstöcke eingepackt, statt die Reise abzusagen. Auch mein MTB und die Radklamotten wurden verladen, vielleicht geschah ja noch ein Wunder.
Die Anreise am Freitag und Samstag
Mit Jan und Torsten ging es erst mal in die Nähe von Augsburg. Jans Bruder Jost und seine Frau Janna hatten uns eingeladen bei ihnen zu übernachten und die Reise nach St. Vigil in Südtirol nächsten Tag fortzusetzen.
Also besser kann ein Urlaub kaum anfangen. Janna und Jost waren fantastische Gastgeber und zauberten ein superleckeres Abendessen auf den Tisch, das am nächsten Morgen zum Frühstück mit meinem ersten Weißwurstessen, süßen Senf und „Brezn“ fortgesetzt wurde. Was soll ich sagen, meine Bedenken gegenüber Weißwurst wurden mit dem Verzehr von drei Stück in Luft aufgelöst, die schmeckten tatsächlich nicht schlecht, werden aber nicht mein Leibgericht werden. Dickes Dankeschön an Janna und Jost für diesen perfekten Start in den Urlaub.
Nach diesem ausgiebigen Frühstück ging es dann weiter in Richtung Dolomiten. Als wir die Berge erreichten, blieb ich mit meiner Nase fast ausschließlich an der Autoscheibe, weil mich die Landschaft doch sehr beeindruckte. Die Ankunft in St. Vigil setzte dann nochmal einen drauf, boah, wat ’ne Landschaft.
Sonntag – Ein Norddeutscher (das erste Mal) in den Bergen
Zuhause hatte ich mir nicht nur MTB-Touren, sondern natürlich auch Wandertouren rausgesucht. Für den ersten Tag dachte ich, besser erst mal eine kleine Tour, kann man ja immer noch sehen, was man so am Nachmittag machte. So wählte ich den „Rundgang um den Berg Paracia“ mit 16,8 km und 1265 Höhenmeter.
Etwas irritiert war ich von der Dauer der angegebenen Strecke von 5:48 Stunden. Waren da bereits 4 Stunden Pause einberechnet oder was soll diese lange Zeit? Ich brauchte nicht lange für die Auflösung.
Torsten begleitete mich und Jan wollte mit dem MTB zum Kronplatz. Er hatte auch seinen Gleitschirm dabei und wollte sich den Startplatz vor Ort anschauen.
So ging es erst mal ein Stück auf Asphalt stetig nach oben. Dann führte ein schmaler Weg, für mich sehr steil, durch ein langes Waldstück bis zu einem Schotterweg. Puh, da merkten wir beide doch schnell, dass wir eigentlich Flachlandtiroler waren.
Dann ging es weiter immer auf dem Schotterweg nach oben. Die Aussicht von hier oben war großartig, die Berge einfach sehr beeindruckend.
Irgendwann meinte Torsten, dass wir doch so langsam 2/3 der Strecke hinter uns haben müssten und auch der Anstieg mal sein Ende finden musste. Ich schaute auf die Karte von meinem Garmin, den ich fürs Wandern eingestellt hatte, und der meinte, dass wir man gerade 1/3 hinter uns hatten und noch locker 300 Höhenmeter vor uns.
Wir liefen noch ein Stück weiter bis zu einer Bank an einer schönen Wiese und entschieden uns dann, die Runde abzubrechen. Was wir noch vor uns hatten, war definitiv noch zu viel für den „Einstiegstag“. Und mir war mittlerweile klar, warum solch eine Tour mit fast 6 Stunden angegeben wurde.
Auf dem Rückweg trafen wir noch kurz Jan, der uns entgegenfuhr. Wir liefen noch kleine Umwege um die ganz steilen Passagen durch den Wald zu umgehen. Machte mir der Aufstieg relativ wenig aus, so merkte ich jetzt meine Oberschenkel beim stetigen Abstieg. Am Hotel freuten wir uns dann über ein schönes, großes Alsterwasser.
Ach ja, für den Nachmittag hatten wir uns dann nix mehr vorgenommen 🙂
Im Endeffekt waren wir knapp 7 Stunden unterwegs für etwas über 10 km und knapp 900 Höhenmeter.
Montag – Oh wie schön ist Pana…. äh St. Vigil
Jan und Torsten wollten eine kleine MTB-Tour machen und ich, jetzt mit meiner deutlich größeren Erfahrung vom Vortag, eine kleine Wandertour.
Da ich alleine unterwegs war, verzichtete ich auf einsame, steile und schwierige Passagen. Also plante ich am Abend vorher eine Tour über Komoot zu einem kleinen See, die an einem kleinen Bach führen sollte. Das sollte sich als glückliche Entscheidung rausstellen, denn die Strecke an diesem Bach war einfach traumhaft.
Für die knapp 7,5 km und 200 Höhenmeter habe ich knapp 3,5 Stunden gebraucht, weil ich einfach alle paar Meter angehalten habe, um die tolle Landschaft zu genießen. Dieser klare, gewaltige Bach, einfach Hammer.
Der Kreidesee war jetzt nicht so der Bringer und ich freute mich auf den Rückweg am Bach entlang. Mehr ging an diesem Tag einfach nicht.
Als ich am Nachmittag dann bereits mit Torsten im Garten beim Radler saß, kam Jan noch mit seinem Gleitschirm eingeflogen.
Ach ja, da war ja noch was :-/
Jammer-Chrash-Kapitel – Anfang
Eins war mir schon vor dem Wanderurlaub bewusst: Trage niemals neue Wanderschuhe. Deshalb habe ich mir auch zwei Tage vor unserer Reise noch ein paar neue Wanderschuhe gegönnt. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich keine richtigen Wanderschuhe besaß und die Entscheidung zu wandern und nicht zu biken sehr kurzfristig war. Deshalb lief ich extra noch am Vortag in Harsefeld mit den neuen Schuhen, was aber im Endeffekt ein großer Fehler war. Die Blase am linken Fuß ließ sich nicht wegdiskutieren. Am Sonntag mit Torsten dann noch mit festen Laufschuhen, war dann am Dienstag nur noch an Sandalen zu denken. Das Ding sah echt übel aus. Na ja, ich wollte ja keine alpine Tour machen und so ging das alles relativ gut aus.
Jammer-Chrash-Kapitel – Ende
Dienstag – Lust und Frust
Jan und Torsten entschieden sich die große Fenes-Runde mit dem MTB zu fahren. Das soll eine Traumtour in den Nationalpark Fenes sein und das bestätigte sich dann auch. Ich besuchte kurz mein MTB in der Tiefgarage und machte mich dann wieder auf Wandertour.
Auf anderen Wegen wollte ich nochmal an diesen traumhaften Bach vorbei zu einem Wasserfall. Meine Ferse zwang mich leider dazu mit der Sandale hinten offen zu laufen. Ja ich weiß, erfahrene Wanderer werden jetzt die Hände vors Gesicht schlagen, aber die Wege waren nicht besonders anspruchsvoll und im Hotel rumhocken kam für mich nicht in Frage. Außerdem waren die Trekkingstöcke sehr hilfreich.
Den Weg habe ich echt genossen. Das Wandern an solch einem Bach ist einfach wunderschön.
Zum Wasserfall wurde der Weg dann etwas anspruchsvoller und ich entschied mich das letzte Stück nicht zu laufen. 1. war ich alleine und 2. waren die Sandalen nicht wirklich ideal für das letzte Stück. Das war schade, aber da siegte bei mir die Vernunft.
Am Nachmittag wanderte ich noch eine kleine Tour in die andere Richtung, die mir aber nicht so gut gefiel. Zwar hatte ich teils eine schöne Aussicht, aber es war zu viel Asphalt dabei und irgendwo endete die Tour auf einmal vor einer Wiese, wo kein Weg zu sehen war. Also den gleichen Weg wieder zurück.
Irgendwann traf ich dann Jan und Torsten im Garten des Hotels, die mir zu Recht von der großartigen Tour durch den Fenes-Nationalpark vorschwärmten. So sehr ich ihnen diese tolle Tour gönnte und ja auch froh war, dass sie mir davon erzählen konnten und auch Bildmaterial mitbrachten, frustete mich das total und ich fasste einen Entschluss.
Mittwoch – MTB-Tour zu Pederü – Kleine aber (sehr, sehr) feine Runde
Beim Frühstück fragten mich Jan und Torsten. „Und, was hast du heute vor?“ Meine Antwort war klar: „Ich schnapp mir heut das Mounti und fahr zur Pederü. Ist mir scheißegal was der Rücken sagt und wenn ich den Rest der Woche am Hotel bleiben muss. Ich hab das Mounti nicht mitgenommen, dass es hier nur die Wände der Tiefgarage kennenlernt.“ Jan und Torsten schauten sich kurz an und meinten dann: „Okay, dann kommen wir mit. Nach der langen und schweren Tour gestern ist das genau das Richtige.“
Der Weg zur Pederü führt an dem Bach lang, den ich schon von den Wandertouren vorher kannte, aber eben weiter Richtung Fenes-Nationalpark. Mit 25 km und 370 Höhenmeter war das auch in dem Rahmen, den ich mir zutraute.
Die Strecke zur Pederü ist schwer in Worte zu fassen und auch Bilder können das kaum wiedergeben. Der Trail entlang am Bach, der sich zwischen Bäumen schlängelt, mal wild, mal ruhig, ist einfach ein Traum. Probleme mit Wanderern sind hier fremd, da es für beide Seiten teils unterschiedliche Wege gibt.
Die gewaltigen Berge der Dolomiten ragten links und rechts am Weg in die Höhe und wenn man dann ins Tal der Pederü kommt, wo der Blick in den Fenes-Nationalpark schweift, fehlen einem die Worte. Was für ein Anblick.
Kurze Pause beim Radler und zurück ging es den gleichen wunderschönen Weg, diesmal den Blick in die andere Richtung und bis nach St. Vigil nur bergab, da die zu erklimmenden Höhenmeter nur auf dem Hinweg zur Pederü zu bewältigen sind.
Angekommen am Hotel war ich sehr happy. Was für eine tolle Tour. Okay, der Rücken meinte: „Alter, heute machst du aber gar nix mehr“, aber das war’s wert. Die ganzen Dehnübungen die Tage vorher, machten sich auf jeden Fall bezahlt.
Donnerstag – Wanderung zum Kronplatz
Jan und Torsten wollten nochmal eine längere Tour machen und ich war überrascht, dass sich mein Rücken relativ gut anfühlte. Also entschloss ich mich zur Seilbahn Ruis zu laufen, die mich die letzten 100 Meter zum Kronplatz bringen sollte. Das war ein relativ einfacher, wenn auch teils sehr steiler Weg.
Außerdem konnte ich mittlerweile wieder mit festen Schuhen laufen. Ja, Wanderschuhe waren’s noch nicht, aber die Laufschuhe waren für die Strecke eine gute Wahl.
Auf dem Weg dorthin traf ich viele Mountainbiker. Die meisten mit E-MTBs und ein paar wenige ohne Motor. Ja, ich fahre auch ohne Motor, aber wenn ich so in einige Gesichter während des teils steilen Anstiegs gesehen habe, frage ich mich mittlerweile, ob man sich das in Zukunft wirklich antun muss. Wenn im Vordergrund das Erleben der tollen Landschaft steht und nicht die Quälerei bis ans Limit, dann ist der Fall eigentlich klar.
Mit der Seilbahn ging’s dann auf den Kronplatz. Mit der Holiday-Card, die jeder Gast in Südtirol erhält, sank der Preis für die Hin- und Rückfahrt von 25 auf 18 Euro. Super. Nebenbei erwähnt; mit der gleichen Card kann man kostenlos in ganz Südtirol den kompletten öffentlichen Nahverkehr nutzen.
Puh, der Kronplatz liegt ganz schön hoch und man hätte durchaus eine Jacke gebrauchen können. Der Rundumblick ist natürlich große Klasse.
Ich machte mich nach einem kurzen Aufenthalt wieder auf den Rückweg. Die Tour hat mir gut gefallen. Auf dem Rückweg wurde der Himmel plötzlich sehr dunkel und ich schaffte es gerade noch ins Hotel, bevor das Gewitter losging. Puh.
Freitag – Letzter Urlaubstag – Wanderung zur Pederü
Letzter Urlaubstag. Jan und Torsten wollten am Nachmittag an so einer Seilbahn hängend dem Tal entgegenstürzen, ganz klar nicht mein Ding.
Der Weg zur Pederü hatte es mir einfach angetan. Großer Vorteil auf dem Weg; man läuft immer relativ parallel zu einer Straße, an der auch ein Bus fuhr. Also sagte ich mir, wenn nix mehr geht, dann fährste einfach mit dem Bus zurück.
So machte ich mich also nochmal auf den Weg zur Pederü, diesmal allerdings zu Fuß. Wieder machte ich Pausen an den schönsten Stellen und versuchte die Schönheit im Bild festzuhalten, was aber wirklich nur schwer möglich war.
Diesmal hielt ich mich auch etwas länger im Tal der Pederü auf und sog die Schönheit der Landschaft nochmal auf, dann machte ich mich wieder auf den Rückweg.
Natürlich kam ich an der einen oder anderen Stelle ohne ein Foto zu machen nicht vorbei. Dann fing es an zu grummeln und überraschenderweise fing es an zu regnen.
Ich zog meine Regenjacke an, aber der Regen hielt nicht lange. Das Donnern zwischen den Bergen ist aber schon gewaltig, wenn das Gewitter anrückt.
Ein letzter Abend im Hotel, das übrigens hervorragend war. Ein tolles Menü jeden Abend, auf das wir uns jeden Tag freuten und das dafür sorgte, dass wir nicht einmal das Verlangen hatten auswärts zu essen. Wirklich tolle Gastgeber, die immer gute Tourenvorschläge hatten und um das Wohl der Gäste sichtlich bemüht waren.
Am nächsten Tag ging es dann in einem Rutsch zurück nach Hause.
Fazit: Ganz einfach, eine tolle Woche, aber ich muss da nochmal hin. Für mein Mounti und mich gibt es da noch viel zu entdecken. Wir sind dort als Team definitiv zu kurz gekommen.
Thomas Tremmel