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Der Rollmops

„Happy Birthday to you, happy Birthday to you, happy Birthday lieber Papa, happy Birthday to you.“

Na Bravo. Meine Frau und meine Tochter stehen mir überschwänglich fröhlich gegenüber und ich könnte kotzen.

Zwischen uns ein Paket von der Größe eines Staubsaugerkartons, an dem ich bereits das Geschenkpapier entfernt habe. Bei der Paketgröße war mir sofort klar, dass das kaum der von mir gewünschte neue Radcomputer ROMIN 2000 sein konnte. Ich war aber nur ganz kurz enttäuscht, denn beim Entfernen des Geschenkpapiers musste die Enttäuschung dem BLANKEN ENTSETZEN weichen.

EIN ROLLENTRAINER!

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Oh weh, garstig Ding, weiche von mir. Eine ROLLE.

Ich bin ein Mensch der Rad fährt, weil er vorankommen möchte, die Natur genießen, den Wind spüren. Wenn ich auf einer Rücktour Regen mit Gegenwind habe so what? Das gehört dazu Baby, da wird geflucht und gekämpft, Schmerzen werden ignoriert, mit Wintermantel im beheizten Auto vorbeifahrende Menschen bedauert, Steigungen angeschrien (not yet Kameraden, not yet). Und wenn man dann wieder Zuhause ist, dann wird erst das treue Rad gepflegt, dann werden die mit Stolz erreichten Kilometer bei STRAVA hochgeladen und erst dann gönnt man sich eine warme (nicht zu warme) Dusche.

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Und auf der Rolle? Der einzige Wind kommt evtl. aus eigenen Öffnungen, dabei starrt man auf eine Wand, schaut sich DokuSoaps im TV an oder fährt über ein Programm am Laptop gegen irgendwelche Pixelmännchen. Das schöne Rad und der Boden werden vollgeschwitzt und sobald es unangenehm wird, schaltet man auf knapp über Leerlauf oder steigt gleich vom Rad. Anschließend zwinkert man kurz dem Rambo-Poster an der Wand zu und gönnt sich eine warme (besonders warme) Dusche.

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Und solch ein Monster liegt jetzt vor meinen Füßen. Erinnert mich irgendwie an die MATRIX; man glaubt Rad zu fahren,  sitzt aber nur auf einem künstlichen Indoorsportartikel.

„Ähem?“

Meine Frau. Merde, ich kann mich nicht verstellen. Das Entsetzen muss man mir im Gesicht ansehen.

„Falsche Farbe, Thomas?“

Falsche Farbe? Falsches Geschenk! Au man, wie komme ich aus der Nummer nur wieder raus.

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„Äh nein, ich bin nur so überrascht, weil ich da doch niemals von gesprochen habe.“ Und ich rede STÄNDIG über Radsportequipment, wenn ich etwas haben möchte. „Hast du schon gehört, da gibt es jetzt…du, der Heinz von nebenan der hat jetzt…was ich ja schon immer mal haben wollte…“. Und ich habe ganz bestimmt NIE über eine Rolle gesprochen.

Jetzt strahlte meine Frau wieder. „Jaaa, wir wollten dich mal mit etwas besonderem überraschen und da haben wir Gerrit gefragt, was man jemanden schenken könnte, der eigentlich schon alles hat. Und da meinte er, einen Rollentrainer hättest du noch nicht und würdest dich ganz sicher wie Bolle drüber freuen.“

Wie jetzt, ‚…der eigentlich schon alles hat…‘?

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Gerrit, das rollende Arschloch. Während ich mir bei Schnee, Eis und Dunkelheit meine Kilometer zusammenfahre, fährt er schon den ganzen Winter über auf seiner Rolle. Letzte Woche kam ich von einer Feierabend-Tour wieder. Pitschenass, dass MTB und mein Rücken voller Matsch und das Wasser in der Trinkflasche war schon leicht angefroren.

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Gerrit stand mit einer rosa Radhose, Badelatschen und einem Eiweißshake in der Hand in seiner Tür und rief mir zu: „Na Thomas, was biste zusammengefahren?“

Schnell atmend antwortete ich: „36km in zwei Stunden.“ Gerrit fing an zu lachen und verschluckte sich fast (leider nicht) an seinem Einweißshake. „Haha, so wird das aber nix mit einer Führung in unserer Clubwertung. 45km in 45 Minuten sage ich nur. Und morgen plane ich eine längere Runde.“

Längere Runde? Das heißt bei einer Rolle wohl, dass sie nach der Hälfte der Zeit vom Wohnzimmer ins Esszimmer umgestellt wird, oder was? Oder kommt die Rolle auf seinen Autoanhänger und seine Frau fährt ihn einmal um die City?

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Wie auch immer, jetzt hab ich das Scheißding hier vor meinen Füßen und weiß nicht weiter.

„Mach doch mal das Paket auf.“ Meine Frau strahlt immer noch und glaubt wohl allen Ernstes, dass ich mich darüber freue.

Au man, das ist so, als wenn man sich mehr Sex wünscht und eine Gummipuppe geschenkt bekommt. Voll die Porno-Rolle. Beide Akteure schwitzen vor Anstrengung und schauen sich wahrscheinlich währenddessen einen Film an. Der eine einen Porno, der andere…vielleicht auch. Und so eine Gummipuppe hab ich jetzt vor mir im Karton liegen.

Ich öffnete das Paket und dachte noch, wie kann sich meine Frau nur so in mir täuschen. Im Paket war zu meiner Überraschung ein noch viel kleineres Paket und da war garantiert kein Rollentrainer drin. Der wäre selbst für unsere Katze zu klein.

Der ROMIN 2000 :-)))) Große Freude :-)))

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Meine Frau und meine Tochter nickten sich lächelnd zu und schauten dann in mein strahlendes Gesicht. Ich war sprachlos. Ich bekam das Dauergrinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht.

Meine Frau verschränkte die Arme und sagte mir leicht geneigtem Kopf: „Ich hoffe, dass die Prospekte von diesem Navi-Dingsbums jetzt nicht mehr ‚ganz zufällig‘ überall in der Wohnung rumliegen, sonst tausche ich das Ding doch noch gegen solch einen Rollentrainer ein.“

Waaas? Auf keinen Fall, ich hab doch jetzt alles, …eigentlich…wobei…da war doch noch… 😉

Thomas Tremmel

Anmerkung des Autors: Vielen Dank an meinen (noch) Freund Gerrit, der mir seine Rollenbilder und seinen Namen zur Verfügung gestellt hat.